Beobachtungen zur sumerischen Streitliteratur im archäologischen und curricularen Kontext der altbabylonischen Zeit

Borkowski, Sebastian Georg (25 July 2017). Beobachtungen zur sumerischen Streitliteratur im archäologischen und curricularen Kontext der altbabylonischen Zeit (Unpublished). In: Dealing with Antiquity – Past, Present, and Future. 63e Rencontre Assyriologique Internationale. Marburg, Deutschland. 24.–28. Juli 2017.

Unter dem Begriff der Streitliteratur lassen sich Streitgespräche, Dialoge und Edubba’a-Texte zusammenfassen, die sich durch ihre vornehmliche Strukturierung als Dialog und/oder ihr Thematisieren des Unterrichtes im e₂-dub-ba-a von anderen Gattungen der sumerischen Literatur unterscheiden. Wie auch der Großteil der heute bekannten sumerischen Literatur, ist die Streitliteratur durch Textzeugen überliefert, die in der altbabylonischen Zeit von Schülern im Rahmen ihrer Ausbildung zu Schreibern geschrieben worden sind.
Die primäre Funktion dieser Tontafeln bestand nicht in der physischen Aufbewahrung von Wissen, sondern erfüllte sich bereits durch den Prozess des Niederschreibens. In der Folge konnten beschriebene Tontafeln weggeworfen, in Ton zurückgeführt oder sekundär als Baumaterial, bspw. zur Erhöhung von Fußbodenniveaus oder Verfüllung von Mauern, wiederverwendet werden. Neben in-situ-Funden trug vor allem die letztere Praxis der Wiederverwertung maßgebend zur gegenwärtigen Kenntnis der sumerischen Literatur bei.
Die Existenz von mehreren Textzeugen desselben Textes, die jedoch aus den Händen unterschiedlicher Schreiber stammen, ermöglicht es aus den oftmals nur bruchstückhaften Fragmenten den ursprünglichen Text zu rekonstruieren, die Qualität einzelner Textzeugen zu beurteilen, und zwischen verschiedenen Überlieferungssträngen, so bspw. der Nippur- und der Ur-Tradition, zu unterscheiden.
Wissenschaftlich dokumentierte Funde von Tontafeln aus dem architektonischen Kontext von “Schulen”, wie bspw. Haus F in Areal TA in Nippur, das 1952 durch die Joint Expedition des University Museum of the University of Pennsylvania und des Oriental Institute of the University of Chicago ausgegraben wurde und hier als Fallstudie herangezogen wird, ermöglichen es, die Textzeugen und ihre Textvarianten in einem klar definierten Rahmen und unter den sozio-kulturellen Aspekten der altbabylonischen Schreiberausbildung zu untersuchen und letztlich einzelne Curricula zu rekonstruieren.
Unter der Prämisse, dass im Falle von Haus F die Tontafeln nicht oder nur bedingt über einen längeren Zeitraum gesammelt worden sind, ehe sie als Baumaterial wiederverwendet wurden, ergibt sich aus der stratigrafischen Verteilung der Textzeugen eine chronologische Abfolge der einzelnen Duplikate eines Textes. Die verschiedenen Fundkontexte spiegeln demnach das Curriculum von Haus F und die Tätigkeit seiner Schüler in zeitlich definierten Ausschnitten wieder.
Von dieser These ausgehend werden im Vortrag erste Beobachtungen zur stratigrafischen Verteilung der sumerischen Streitliteratur in Haus F vorgestellt und die einzelnen Kompositionen dieses Textkorpus hinsichtlich ihres Sitzes im Curriculum betrachtet. Anhand verschiedener Beispiele von Textzeugen und Textvarianten soll ein Einblick in die Möglichkeiten der Untersuchung der Texttradierung innerhalb eines dokumentierten Kontextes gegeben werden.

Item Type:

Conference or Workshop Item (Speech)

Division/Institute:

06 Faculty of Humanities > Department of History and Archaeology > Institute of Archaeological Sciences > Near Eastern Archaeology

UniBE Contributor:

Borkowski, Sebastian Georg

Subjects:

900 History > 930 History of ancient world (to ca. 499)

Language:

German

Submitter:

Sebastian Borkowski

Date Deposited:

23 Jul 2021 16:28

Last Modified:

05 Dec 2022 15:51

URI:

https://boris.unibe.ch/id/eprint/157162

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