Was die Deutschen lasen, während die Humanisten schrieben. Zur Lesekultur im 15. Jahrhundert

Stolz, Michael (8 June 2022). Was die Deutschen lasen, während die Humanisten schrieben. Zur Lesekultur im 15. Jahrhundert (Unpublished). In: Tagung der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft „1450 – 1520. Abbrüche – Umbrüche – Aufbrüche“. Bressanone - Brixen (I). 08.06.2022.

In Anlehnung an den Titel eines Hörspieltexts von Walter Benjamins zur Lesekultur in der Zeit der Weimarer Klassik (von 1932) soll in dem vorgeschlagenen Beitrag erörtert werden, ‚was die Deutschen lasen, während ihre Humanisten schrieben‘. Die Datengrundlage liefern dabei die Bibliotheken der Nürnberger Hermann und Hartmann Schedel sowie vor allem die Büchersammlung des ehemaligen Augs-burger Bürgermeisters Sigmund Gossembrot (1417–1493), der sich in fortgeschrit-tenem Alter in den Straßburger Johanniterkonvent ‚Zum Grünen Wörth‘ zurückzog, um sich dort einem otium cum litteris zu widmen. Gossembrots umfangreiche hand-schriftliche Bibliothek liegt heute verstreut an europäischen Standorten; ein nicht unbeträchtlicher verlorener Anteil kann aus den minutiösen Kommentaren und Querverweisen erschlossen werden, die Gossembrot bei seiner Lektüre in den Manuskripten eingetragen hat. Die digitale Rekonstruktion und wissenschaftliche Aufarbeitung von Gossembrots Bibliothek ist Gegenstand eines aktuellen Forschungsprojekts an der Universität Bern, das vom Schweizerischen Nationalfonds in den Jahren 2021 bis 2024 gefördert wird (vgl. den Prototyp: www.gossembrot.unibe.ch). Im Kontext der Tagung „Abbrüche – Umbrüche – Aufbrüche“ werden folgende Fragen thematisiert:
• Welche Interessenschwerpunkte lassen sich aus Gossembrots Bibliothek ablesen? Sie verrät das Profil eines Universitätsgelehrten von niederem Rang (Baccalaureus, Wien 1436), der damit dem gehobenen Rezipientenkreis volkssprachiger Literatur nahesteht. Enthalten sind u.a. geistliche Literatur des frühen bis späten Mittelalters, Texte der klassischen Antike, Wissensliteratur im weiten Spektrum von mittelalterlicher Arteslehre und Philosophie, frühhumanistische Literatur italienischer Prägung, aber auch volkssprachige Texte im Bereich u.a. der pragmatischen und der Erzählliteratur.
• Welche lateinischen Texte aus Gossembrots Bibliothek fanden eine Übersetzung oder sonstige Verarbeitung im Kontext volkssprachiger Literatur? Erwähnenswert sind u.a. die Cyrillus-Fabeln, Dares-Dictys-Adaptationen, Giovanni Boccaccios Novellen und ›De mulieribus claris‹ oder der Themenkreis um die Sybillen-Weissagungen.
• Inwiefern stehen Gossembrots Lektüre- und Schreibpraxis in der Tradition kontemplativer (monastischer) Rezeptionsweisen (etwa in seiner Kommentierung des Psalters), inwiefern zeichnen sich alternativ dazu rationalisierte und kolloquiale Lektüreformen ab (u.a. im Kontakt mit Augsburger und Straßburger Zeitgenossen)?

Item Type:

Conference or Workshop Item (Speech)

Division/Institute:

06 Faculty of Humanities > Department of Linguistics and Literary Studies > Institute of Germanic Languages
06 Faculty of Humanities > Department of Linguistics and Literary Studies > Institute of Germanic Languages > Old German Language and Literature

UniBE Contributor:

Stolz, Michael

Subjects:

400 Language > 430 German & related languages
800 Literature, rhetoric & criticism > 830 German & related literatures

Funders:

[4] Swiss National Science Foundation

Projects:

[1558] Lesen als soziale Negotiation. Bibliotheksbestand, Lektüre- und Vernetzungspraktiken des Frühhumanisten Sigmund Gossembrot in digitaler Rekonstruktion Official URL

Language:

German

Submitter:

Michael Rudolf Stolz

Date Deposited:

15 Sep 2022 07:24

Last Modified:

05 Dec 2022 16:23

Related URLs:

URI:

https://boris.unibe.ch/id/eprint/172699

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