Egalitäre Vereinbarkeitspolitik - Das Familienreferenzmodell der Zukunft

Lütolf, Meret; Lüssi, Pierre (2023). Egalitäre Vereinbarkeitspolitik - Das Familienreferenzmodell der Zukunft. In: Familien und Familienpolitik in der Schweiz - Herausforderungen im Jahr 2040 (pp. 7-29). Bern: Eidgenössische Kommission für Familienfragen

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Die Arbeitsaufteilung innerhalb von Familien erfährt in der Schweiz einen starken Wandel. Das seit der Nach-kriegszeit etablierte Modell mit einem männlichen Ernährer und einer für die Betreuung und Hausarbeit verant-wortlichen Frau wird von immer weniger Familien gelebt. Gleichzeitig steigt die Häufigkeit egalitärer Familien-modelle und es wird deutlich, dass die aktuellen auf traditionelle Familienmodelle ausgerichteten familienpoliti-schen Massnahmen immer weniger den Bedürfnissen von Familien entsprechen. Vor diesem Hintergrund stellt der vorliegende Beitrag die Frage, wie die familienpolitische Landschaft in der Schweiz zukunftsfähig ausgerich-tet werden kann, sodass egalitäre Familienmodelle gefördert werden und Familien gleichwohl ihre eigenen Prä-ferenzen umsetzen können.
Eine nachhaltige Familienpolitik für die Schweiz im Jahr 2040 löst sich von einer Querschnittsaufgabe staatlicher Intervention und etabliert sich stattdessen zu einem eigenständigen Politikbereich mit einer klaren, einheitli-chen Zielsetzung. Um dies zu erreichen, wird das Egalitäre Betreuungsmodell als Referenzmodell vorgestellt, welches unabhängig von Geschlecht und Familienkonstellation für alle Eltern die Möglichkeit einer Kombination von bezahlter und unbezahlter Arbeit ermöglicht. Die Förderung dieses egalitären Modells mit der Gleichbe-handlung von bezahlter und unbezahlter Arbeit unterstützt alle Familien — unabhängig von deren Familienmo-dellwahl. Die effektive Umsetzung — also die innerfamiliäre Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit — kann somit den familiären Wertvorstellungen und Möglichkeiten entsprechend gewählt werden.
Das vorgestellte Massnahmenpaket im Rahmen dieses Beitrags basiert auf diesem Referenzmodell und umfasst grosszügige familienpolitische Leistungen, Elternzeit und familienergänzende Kinderbetreuung. Die Förderung dieses Referenzmodells ermöglicht es allen Familien, ihre individuellen Familienmodelle entsprechend ihren Präferenzen und ihren Möglichkeiten zu gestalten, da Massnahmen zur Unterstützung des egalitären Betreu-ungsmodells verschiedene Familienmodelle und auch atypische Familienformen unterstützen. Diese Wahlfrei-heit für Familien ist eine wichtige Prämisse für familienpolitische Reformen in der Schweiz. Mehrheitsfähige Re-formen dürfen den Handlungsspielraum der Familien in der Schweiz nicht einschränken, sondern sehen für den Staat eine die Familie unterstützenden Rolle vor, die der Diversität von Familien Rechnung trägt. Darüber hinaus ist es im schweizerischen Kontext von Bedeutung, dass bei der Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden das föderalistische Prinzip der Aufgabenteilung berücksichtigt wird, was auch mit dem Referenzmo-dell sichergestellt werden kann.
Um die effektive Wahlfreiheit des Familienmodells für Familien zu gewährleisten und das Ziel einer egalitären Vereinbarkeitspolitik zu erreichen, wird basierend auf bestehender Forschung die Einführung einer Elternzeit von sechs Monaten nicht-übertragbarer Anteile pro Elternteil vorgeschlagen. Zentral ist dabei ein Lohnersatz von 100%, um einen Bezug unabhängig von ökonomischen Voraussetzungen der Familien zu ermöglichen. Nach ei-nem achtwöchigen Mutterschutz mit Arbeitsverbot soll die Elternzeit von beiden Elternteilen flexibel und mit Teilzeitarbeit kombiniert bezogen werden können. Als zweite zentrale Vereinbarkeitsmassnahme wird eine aus-gebaute familienergänzende Kinderbetreuungspolitik vorgestellt. Diese erfordert ein ausreichendes und bezahl-bares Angebot an Betreuungsplätzen, das bezüglich Anzahl Plätze, Preise und Öffnungszeiten der Nachfrage zu entsprechen hat. Um der bereits heute bestehenden Angebotslücke genügen zu können, ist ein gezielter Ausbau von familienergänzenden Kinderbetreuungsplätzen notwendig.

Item Type:

Book Section (Report Section)

Division/Institute:

03 Faculty of Business, Economics and Social Sciences > Social Sciences > Institute of Political Science

UniBE Contributor:

Lütolf, Meret Anna Maria, Lüssi, Pierre Friedrich Rudolf

Subjects:

300 Social sciences, sociology & anthropology > 320 Political science
300 Social sciences, sociology & anthropology > 350 Public administration & military science
300 Social sciences, sociology & anthropology > 360 Social problems & social services

Publisher:

Eidgenössische Kommission für Familienfragen

Language:

German

Submitter:

Pierre Friedrich Rudolf Lüssi

Date Deposited:

03 Jun 2024 11:43

Last Modified:

13 Jun 2024 12:31

Uncontrolled Keywords:

Familienpolitik Kinderbetreuung Elternzeit

BORIS DOI:

10.48350/197458

URI:

https://boris.unibe.ch/id/eprint/197458

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