Wachspapiere frisch aus Hessen
Schlagschüsseln aus bestem Kupfer
Levantinischer Naturschwamm
Gästetuch aus Zwirnfrottier
Alles edel, alles Feinsinn
O mein Tontopf aus dem Elsass
O ihr Sägen frisch aus Japan
Pflanzhacken auch aus Fernost nur
Lorbeerseifen aus Aleppo
Niedersächsische Sattelseifen
Schwäbische Wacholderspäne
Eichenholz für Stiefelknechte
Westfälische Abflusssiebe
Edelstahl für Vierkantreiben
Appenzeller Taschentücher
Staußenfedern für die Wedel
Ziegenhaar fürn Feinstaubbesen
Büffelhorn für Trillerpfeifen
Gartenbindegarn aus Schottland
Somelierschürzen aus Frankreich
Und du Lederfett aus Salzburg
Konfektionen, rares Uhrwerk
Wo mein Türstopper geschnitzt wird
Du mein Deodorant in petto
Mein Barett, mein Kofferkuli,
Du mein Treffpunkt, du mein Schreibzeug
Du mein Hochzeitsveilchenbuschen
Du mein o du o du mein
Dein Gesinde, hier mein Bachbett
Mein Revier, dein Pfeifenputzer
Und was sonst als Span mir zufiel
Ein Lavoir umrankt von Bimsstein
Immer noch ‘ne Babydecke
Immer noch ein Fotoalbum
Immer noch der alte Schleier
Immer noch die alte Mütze
Aufbewahrung und Versteckspiel
Wann sei was heranzuziehen
Trockenblumen, Rosen, Zweige
Etiketten frisch vom Fallobst
Leere Dosen, Hülsen, Schachteln
Hosengurt, Spendierattrappen
Batterien für mein Glücksschwein
Lilienporzellan für Gäste
Reste, Scherben, alte Pullis
Funktionslose Gerätschaft
Vormals Tisch- und heute Stuhlbein
Einzel- und Erinnerungsstücke
Du mein Türschild, du mein Spanner
Und ihr Gummibänder aus Arkansas
Und ihr Whiskybecher aus der Lausitz
Ein Geschenk ist keine Spende
Käsereiben aus Italien
Finnländische Waschhandschuhe
Alles bestens, alles echt hier
Krauseminze nur aus Frankfurt
Fußmatten frisch aus der Eifel
Stahlstecknadeln nur mit Saummaß
Seifenblock mit Schneidedraht nur
Und aus Duroplast die Schüssel
Filzpantoffel aus dem Etschtal
Zimmerbesen nur aus Rosshaar
Sieh mein Stofftier, sieh den Abfall
In der Falle, auf der Bürste
Mein o mein o mein o mein du
Und auf Lebzeit, alles hält dir
(c) / Aus: Christian Steinbacher: Winkschaden, abgesetzt. Gedichte und Stimmen. (Czernin Verlag, 2011)
“Für das mit Wachspapiere” einsetzende Gedicht ohne Titel (Seite 115), das auch Teil der Partitur eines der Stimmverläufe der intermedialen Aufführung SUBJEKT/ OBJEKT (Herndler/Scherer/Steinbacher, 2009) ist, wurde wesentlich auf Material aus Manufactum-Katalogen zurückgegriffen.”
Geboren 1960 in Ried im Innkreis, lebt seit 1984 als Autor, Herausgeber und Kurator in Linz. Ab den späten 1980er-Jahren visuelle, sonore und konzeptionelle Poesie, Sprechauftritte und Textinstallationen. Schreibt heute Gedichte, poetische Prosa, Hörstücke und Essays, u. a. zusammen mit anderen Kunstschaffenden wie der Autorin Zsuzsanna Gahse (Klotzkopf) und dem Komponisten Christoph Herndler.
Links / Mehr:
http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Steinbacher
Czernin Verlag
DOI: 10.17436/etk.c.016