Salzkristalle & Trüffelpilze (Auszüge, 02/2016)

Ist eine Schweiz, die sich in ihren Tourismusprospekten stilisiert, als wäre man noch im 19. Jahrhundert, auch wenn man mit dem Auto vors Berghotel fahren kann und wo inzwischen über 60 Prozent der Skigebiete künstlich beschneit werden, nicht eigentlich längst tot? Ist sie nicht erstarrt in einem Bild, das lange zurückliegt und hauptsächlich von den Touristen bzw. für die Touristen geprägt wurde?

 

 

 

Kann also das längst überholte Bild jener Schweiz noch für eine Schweiz stehen, die heute definitiv kein Bauernstaat mehr ist (noch etwa zwei Prozent der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig) und wo die Angst um Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor in den Städten und der immer größer werdenden Agglomeration sowie um den Finanzplatz zuverlässig dazu führt, dass Umwelt- und Landschaftsschutzbedenken wie Sondermüll über Bord gekippt werden und die ebenfalls oft hochgehaltene humanitäre Tradition (Rotes Kreuz und die Genfer Konvention sind da die Stichworte ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert) eigensüchtig verdrängt wird, sobald es etwa darum geht, der eigenen serbelnden Waffenindustrie unter die Arme zu greifen und ihr neu wieder Waffenlieferungen an Länder gestattet ist, die die Menschenrechte missachten?

 

 

 

Wie uns Friedrich Schiller 1804 mit dem «Wilhelm Tell» den meistzitierten Nationalmythos hierzulande gegeben hatte, schufen die Engländer und andere ‹Auswärtige› eigentlich erst die Marke ‹Schweiz – (unberührtes) Land der Berge›. Der Schweiz und den Schweizern blieb das Geschäftemachen. Als typisch kann dabei die Toblerone-Schokolade gelten, die nach dem nun bekannten und markanten pyramidenförmigen Gipfelkopf des Matterhorns gestaltet wurde (auch wenn die Söhne von Theodor Tobler später gerne behaupteten, die Form stamme von einem Szenenbild aus der Pariser Revue Folies Bergère, wo sich die Tänzerinnen während einer Vorstellung zu einer Pyramide geformt hätten).

 

 

 

Hochzeitskleid nur aus Wäscheklammern (befestigt an den Haaren).

 

 

 

Wer nicht leben will, muss leider auch noch sterben.

 

 

 

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Salzkristalle & Trüffelpilze (Auszüge, 01/2016)

Champagner? Ein Gläschen sei dir gegönnt. Und hinterher nochmals einen Schluck Kirsch, hoffentlich. Nicht jeden Tag findet man seine wachsende Bekanntheit so deutlich, wie in Stein gehauen, durch den plumpen Neid, ja: die manifestierte Missgunst dieses Dämchens, Dämleins. Ach, sei noch etwas dämlicher, sei doch endlich wahr gemacht, true petra. Ich trink auf Kirsch auf Kirsch auf Kirsch.

 

 

 

Kleines Mundloch der Befindlichkeit

Verschließ dich nicht völlig der Welt.

Mach auf das Tor, reiß ein die Luft

Sie sengt dich noch genug …

 

 

 

Literatur heißt Kritik an der Realität, in der man selbst lebt, anhand besserer Maßstäbe…

 

 

 

Es klingelte – und da standen sie: die Mitarbeiter des Schweizerischen Literaturarchivs. Mit dabei hatten sie den Sarg. Und ich musste also probeliegen. Sie wollen es doch wissen: Wie ich darin aussehe, geschminkt und alles. Wollen wissen, wie lang er sein muss, dass es gut aussieht, wie schwer ich bin. Am Ende durfte ich den Anzug wieder in den Schrank hängen und eine Tasse Tee mit ihnen trinken. Ciao.

 

 

 

LIED OHNE MUSIK

32 kleine weiße, kleine weiße, 32 wie Elfenbein wirkende, wie Elfenbein wirkende Stückchen, die sich zerstreuten, übers Parkett weg, sich zerstreuten, guck und horch, hierhin und dorthin und dahin.

 

 

 

Das sechs Fuß tiefe C / oder / Das lebenslange Lied vom Cimeterischen.

 

 

 

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Salzkristalle & Trüffelpilze (Auszüge, 12/2015)

Das Elitäre wirkt heutzutage skandalös. Denn es ist der Stachel, auf den sich, weil er wehtut, Mehrheiten nicht einigen können.

 

 

 

Hatte Nabokov eigentlich Hörstürze? Die Ohren in seinen Romanen ›rauschen‹ und ›sausen‹ verdächtig oft.

 

 

 

O, oh, ooohhh, das ist der Fluch: Kaum sehe ich ein Preisschild, geht es in meinem Hirn los … 19.90 = Irakkrieg / 18.30 = Julirevolution / 12.91: »Oh, wie saubillig!«

 

 

 

Wer übertreibt, behält oft recht.

 

 

 

Da fna de kve ve fle gi ki bi bi ni ti mo ko to to fno co plo bo pno mu ku tu tu fnu cu plu bu pnu.

 

 

 

Die Hohohoh-Priester also segnen Autos: Die Schrottgeweihten grüßen dich. Segnen einen Lift: Fahr hoch, fahr auf!

Die Kirche, die Gläubigen: gerieren sich als Gottes Höchstes, als Herrenrasse, konkurrieren die Welt zunichte, zum totalen Globozid, huldigen dem brutalsten Ego, aber reklamieren die Verletzung religiöser Gefühle, wenn ihnen mal einer was in die Fiesage gibt. Etwa, dass ihr Glauben zusammengeklaubt sei, ihr Bekenntnis zumeist Raffgier und das Göttliche nichts als ein Stück tierische Seife, sich nach schmutzigen Geschäften die Hände zu waschen.

 

 

 

Bern, Motherfucker, Bern.

 

 

 

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Salzkristalle & Trüffelpilze (Auszüge, 11/2015)

Traum: Verfolgte eine Katze, die einen Vogel im Mund hatte, weil ich den Vogel befreien wollte. Wie ich ins Nest klettere, merke ich, dass der Vogel eine Katze in einem Vogelkostüm ist, die mit der anderen Katze Rollenspiele spielt.

 

 

 

Der Tod als Tradition, die alle mitmachen.

 

 

 

Wenn sie verblüht sind

Komme ich wieder zu dir

Die Blumen aus Plast

 

 

 

Der Knabe flog in seinen Blütenstaubzimmern herum. Doch barsch wurde er von der Hexe zu einer Bruchlandung gezwungen. Fischig!

 

 

 

Politische Stabiliät wird vergolten mit Trägheit. (Langeweile? – Nein.)

 

 

 

H. C. ANDERSEN, Narzissimus

Es war einmal ein Märchenerzähler, der konnte all die kleinen perönlichen Verletzungen, selbst der frühen Jahre, nie vergessen, nie überwinden. Noch im Alter träumte er von den Peinigern seiner Jugend. Seine Heimatstadt war ihm ein Graus und selbst die abwegigsten Witze bezog er immer auf sich. Müde, ohne Frau, lebte er so dahin.

Und die Moral der Geschicht: Ich mag ihn als Märchenerzähler trotzdem. – Oder gerade deswegen …?

 

 

 

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Salzkristalle & Trüffelpilze (Auszüge, 10/2015)

Zieht doch nach Luzern: Da gibt’s selten schlechtes Wetter.

 

 

 

Wie ist das eigentlich, wenn Mama und Papa die Fotos von kurz nach der Geburt bis weiß-nicht-wann im Netz teilen, und man wird volljährig: All diese Fotos … Darf man seine Eltern auf Schadenersatz verklagen?

 

 

 

Berühmt für seine Gewandweltheit.

 

 

 

Les ANLACHBARS: Gegen die Tristesse d’amour.

 

 

 

Die gnadenlos verrinnende Zeit, in der selbst das ›Bleibende‹, die Idee davon, für immer verrinnen könnte.

Das einfache Schweizer Volk: Könnte? – Wird!

 

 

 

»Niemand würde einen Beipackzettel mit einem Liebesgedicht verwechseln«, sagt da die Theologin am letzten Freitag. Aber was ist mit der Exegese von Bibeltexten?

 

 

 

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