Wolframs von Eschenbach deutschsprachiger Artusroman ›Parzival‹ gehört zu den bedeutendsten Dichtungen der höfischen Literatur um 1200. Die grundlegende Ausgabe von Karl Lachmann aus dem Jahr 1833, zu ihrer Zeit ein editorisches Meisterwerk, kann gegenwärtigen textkritischen Anforderungen nicht mehr genügen, da sie nur einen Bruchteil der heute bekannten Überlieferungsträger berücksichtigt und die Varianz des mittelalterlichen Textes unzureichend dokumentiert. Um der wissenschaftlichen Gemeinschaft eine solide Neuedition zur Verfügung zu stellen, erarbeitet das ›Parzival‹-Projekt deshalb eine digitale Gesamtausgabe nach Fassungen (vgl. die Datenbank unter: www.parzival.unibe.ch/parzDB/index.php). Dabei ist eine Materialmenge von knapp 25'000 Versen in jeweils 16 (nahezu) vollständigen Textzeugen und in über 70 Fragmenten zu bewältigen. Mit dem vorliegenden Gesuch wird eine vierjährige Förderphase von Januar 2021 bis Dezember 2024 beantragt, in der das Editionsvorhaben zum Abschluss gebracht werden soll. Das Vorhaben der neuen ›Parzival‹-Edition, welches in der Fachwelt höchste Anerkennung geniesst, enthält drei Module, die aufeinander aufbauen: (1) Transkription sämtlicher Textzeugen und deren webbasierte Präsentation in Digitalfaksimiles: Für diesen inzwischen abgeschlossenen Teil verbleiben punktuelle Anpassungen, die sich gelegentlich im Zusammenhang mit der Endredaktion der Fassungstexte und der Erstellung der Eintextedition (Lesetext, s.u.) ergeben. (2) Synoptische Edition der vier Fassungstexte: Die als Grundlage der synoptischen Edition dienenden Kollationen liegen vor. Es stehen nunmehr aufwendige Arbeiten an der Endredaktion der Fassungstexte an, die mit einer lexikologischen Erschliessung der Fassungstexte und Transkriptionen mittels Text Mining-Verfahren verbunden werden sollen. (3) Konzentration der synoptischen Edition in einen einzelnen Lesetext auf Grundlage der Gesamtüberlieferung: Dieser wichtige Teil bildet das Zentrum der beantragten Förderphase. Der Lesetext basiert auf einer Hauptfassung (*D) und dokumentiert die massgeblichen Fassungs- und Überlieferungsvarianten. Er soll den Erwartungen der Fachgemeinschaft und einer breiteren Öffentlichkeit an eine Eintextedition gerecht werden und Lachmanns Ausgabe von 1833 ersetzen. Die Erarbeitung dieser Editionsform, die auch als Studienausgabe genutzt werden kann, erfolgt in Abstimmung mit einem an den Universitäten Bonn, Bochum und Köln angesiedelten Projekt, in dem für Wolframs ›Parzival‹-Roman eine wissenschaftliche Neuübersetzung und Kommentierung angefertigt werden. Beide Komponenten dieses Partnerprojekts beruhen auf dem Text und den Varianten der in Bern erarbeiteten Edition. Die Zusammenführung von Lesetext, Übersetzung und Kommentierung soll in einer Hybridausgabe (gedruckt und als enriched E-Book) erfolgen. Ein weiterer Schwerpunkt der Abschlussphase liegt auf der Konsolidierung einer Strategie für die digitale Langzeitarchivierung und -verfügbarkeit der Edition. Das Projekt ist international und interdisziplinär bestens vernetzt (u.a. in den Bereichen Editionswissenschaft, Digital Humanities, Phylogenetic Analysis, automatische Schrifterkennung, Bibliothekswesen) und fest in der Schweizer Forschungslandschaft verankert (u.a. durch Kooperationen mit dem Digital Humanities Lab Basel, mit „e-codices“ und mit der Berner Infrastruktur: Digital Humanities Professur mit geplantem Digital Humanities Center, Masterprogramm ‚Editionsphilologie‘). Die institutionelle Trägerschaft wird wiederum die Universität Bern übernehmen.
Id | 1473 |
---|---|
Grant Value | 731185 |
Commencement Date / Completion Date | 1 January 2021 - 31 December 2024 |
Contributors |
Prof. Dr. Michael Stolz
(Principle Investigator) PD Dr. Stefan Abel (Co-Investigator) Dr. Agata Mazurek (Co-Investigator) Dr. Mirjam Geissbühler (Co-Investigator) |
Funders | [UNSPECIFIED] Schweizerischer Nationalfonds |
Keywords | Philology - Transmission of manuscripts - Arthurian romance |
Publications |
Stolz, Michael
(2021).
Wolfram von Eschenbach, Parzival, hg. von Hermann Reichert nach der Handschrift D als ‚Leithandschrift‘, Bd. 1: Text, Bd. 2: Untersuchungen, Wien 2019.
Arbitrium, 39(1), pp. 17-23.
De Gruyter
10.1515/arb-2021-0035
Stolz, Michael (2021). der valscheit swant. Anmerkungen zu ›Parzival‹ 296,1. In: Glasner, Peter; Karin, Anna; Müller, Jens; Winkelsträter, Sebastian; Zacke, Birgit (eds.) Ästhetiken der Fülle. Festschrift für Elke Brüggen (pp. 405-413). Berlin: Schwabe Stolz, Michael (8 November 2021). Wer war König Artus? – Spuren in der handschriftlichen Überlieferung (Unpublished). In: Vortragsreihe „Mittellaterliche Konstruktionen von Biographien, Herkunft und Provenienz“. Alfried Krupp Wissenschaftskolleg. 8.11.2021. Stolz, Michael (29 June 2022). Ein ‚Ensemble von Texten‘. Spielräume der digitalen Editorik (Unpublished). In: Festkolloquium für Jan-Dirk Müller, Carl Friedrich von Siemens Stiftung, Schloss Nymphenburg. München. 29. 6. 2022. Stolz, Michael (2022). Der ‘lebende Text’. Mutationen in der ›Parzival‹-Überlieferung am Beispiel von Vorlage und Kopie (Handschriften V und V’). In: Bleuler, Anna Kathrin; Primavesi, Oliver (eds.) Lachmanns Erbe. Editionsmethoden in klassischer Philologie und germanistischer Mediävistik. Beihefte zur Zeitschrift für deutsche Philologie: Vol. 19 (pp. 585-614). Berlin: Erich Schmidt Stolz, Michael (ed.) (2022). Edition und Interpretation [Teil des Sammelbandes "Wege der Germanistik in transkultureller Perspektive. Akten des XIV. Kongresses der Internationalen Vereinigung für Germanistik (IVG)]. Jahrbuch für Internationale Germanistik. Beihefte: Vol. 8. Peter Lang 10.3726/b19961 Stolz, Michael (2022). Karl Lachmann als Grundleger textkritischer Verfahren. Die ›Parzival‹-Ausgabe. In: Lange, Judith; Schubert, Martin (eds.) Geschichte der altgermanistischen Edition. Bausteine zur Geschichte der Edition: Vol. 6 (pp. 53-76). Berlin / Boston: de Gruyter 10.1515/9783110786422-005 Stolz, Michael (13 September 2023). ,Denkbruchstücke‘. Fragmentarität als Gegenstand der mediävistischen Literaturwissenschaft (Unpublished). In: Fragmente und Fragmentierungen. Neue Zugänge zur mittelalterlichen deutschsprachigen Überlieferung. Fribourg. 13.–16.9.2023. |
View Item |