Ein kritischer Blick auf Hans Heinrich Eggebrechts Mahler-Buch

Pensa, Martin (7 September 2021). Ein kritischer Blick auf Hans Heinrich Eggebrechts Mahler-Buch (Unpublished). In: Narrating Musicology. Fachgeschichte(n) der Musikwissenschaft. Bern. 5.-8. September 2021.

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1985 erschien im Piper Verlag Ernest Ansermets Die Grundlagen der Musik im menschlichen Bewusstsein (Übersetzung aus dem Französischen), in welchem der Antisemitismus offen ausformuliert ist: Von keinem jüdischen Komponisten könne man sagen, er „wäre im Bereich des Stils oder der Form schöpferisch gewesen.“ Weil das Buch aber als zu schwierig galt und immer noch gilt, erregten die ideologischen Äusserungen kein Aufsehen.
Im selben Verlag erschien 1982 Hans Heinrich Eggebrechts Die Musik Gustav Mahlers. Aus heutiger Sicht und im Wissen um Probleme rund um Eggebrechts Biographie taucht beim Lesen des Buchs an einigen Stellen die Frage auf, ob im Hintergrund antisemitische Tendenzen wirksam sind. Ein Beispiel dazu: Der Autor ordnet die Sinfonien Mahlers weder der absoluten noch der Programm-Musik zu, im Gegenzug verortet er sie in einer eigenen Kategorie. Dabei argumentiert er konsequent ahistorisch: Bezüge zu den sinfonischen Werken von und nach Beethoven seien als zufällig anzusehen. Aus der Sicht Eggebrechts „horcht[e]“ Mahler zudem „[g]eradezu raffgierig […] die Natur nach ihren Lauten ab, um sie möglichst unberührt in seine Musik zu verpflanzen, als wären sie schon selbst Musik“. Muss man sich Mahler als komponierenden Alberich vorstellen? War er nicht in der Lage, eigenständige Musik zu erfinden?
Nach einer Erörterung von Mahlers (durch Schopenhauer geprägtem) Verständnis von Natur sowie weiterer Problemfelder (unter anderem Begriffe wie „Plagiat“ und „usurpatorisch“, „empirisch“) möchte ich diskutieren, ob eine retrospektive, kritische Sicht, die sich einer pauschalen Disqualifikation dezidiert verweigert, zu einer Neubewertung des Buchs führen sollte, und was es für heutige Debatten bedeutet, dass es auch 40 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs möglich war, offen – oder allenfalls versteckt – Ideologeme im (Un-)Geist von Wagners Das Judentum in der Musik fortzuschreiben.

Item Type:

Conference or Workshop Item (Speech)

Division/Institute:

06 Faculty of Humanities > Department of Art and Cultural Studies > Institute of Musicology

UniBE Contributor:

Pensa, Martin

Subjects:

700 Arts > 780 Music

Language:

German

Submitter:

Martin Pensa

Date Deposited:

25 Mar 2022 10:31

Last Modified:

05 Dec 2022 16:14

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BORIS DOI:

10.48350/167291

URI:

https://boris.unibe.ch/id/eprint/167291

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