Meister, Jan B. (2022). Luxusbeschränkung und antike Demokratie. In: Lupi, Elisabetta; Voges, Jonathan (eds.) Luxus. Perspektiven von der Antike bis zur Neuzeit (pp. 31-48). Stuttgart: Franz Steiner Verlag
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In der althistorischen Forschung des 20. Jahrhunderts war es geradezu ein Gemeinplatz, die griechische Demokratie mit Luxuskritik und Luxusgesetzen in Verbindung zu bringen beziehungsweise in Luxusgesetzen eine „antiaristokratische“ und damit „demokratische“ Stoßrichtung zu sehen. Diese Verbindung von Luxuskritik und Demokratie ist quellenkritisch, wie inzwischen herausgearbeitet wurde, nicht zu halten. Umso erstaunlicher ist es, dass diese Idee eine solche Wirkungsmacht entfalten konnte und Eingang in viele der zentralen Handbücher des Faches gefunden hat. Der Beitrag zeichnet die Genese dieser Idee nach.
Zentral, so die These, war die anachronistische Gleichsetzung antiker (bzw. athenischer) Demokratie mit modernen sozialistischen Bewegungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts und eine damit einhergehende Neubewertung antiker Luxuskritik unter dem Paradigma der „sozialen Frage“. Dass die Idee demokratischer Luxuskritik sich so lange halten konnte, liegt dabei einerseits an der Eigendynamik der fachinternen Traditionsbildung und andererseits daran, dass der Höhepunkt dieser Bestrebungen sehr bald nicht mehr in der eigentlichen Zeit der Demokratie gesehen wurde, nämlich in der quellenmäßig gut belegten Klassik, sondern in der Archaik, wo die dünne Quellenlage sehr viel mehr Raum für Spekulationen lässt.