Schmidts, Michael; Stricker, Daniel (28 September 2013). Im Nebel der Präzision: die Bestimmung von GrenzfallkandidatInnen oder wie viel Reliabilität ist genug? In: Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) (pp. 152-153). GMS German Medical Science 10.3205/13gma248
|
Text
Abstract_Schmidts_Stricker.pdf - Published Version Available under License Creative Commons: Attribution-Noncommercial-No Derivative Works (CC-BY-NC-ND). Download (735kB) | Preview |
Hintergrund:
Bei der Durchführung von summativen Prüfungen wird üblicherweise eine Mindestreliabilität von 0,8 gefordert. Bei praktischen Prüfungen wie OSCEs werden manchmal 0,7 akzeptiert (Downing 2004). Doch was kann man sich eigentlich unter der Präzision einer Messung mit einer Reliabilität von 0,7 oder 0,8 vorstellen?
Methode:
Mittels verschiedener statistischer Methoden wie dem Standardmessfehler oder der Generalisierbarkeitstheorie lässt sich die Reliabilität in ein Konfidenzintervall um eine festgestellte Kandidatenleistung übersetzen (Brennan 2003, Harvill 1991, McManus 2012). Hat ein Kandidat beispielsweise bei einer Prüfung 57 Punkte erreicht, schwankt seine wahre Leistung aufgrund der Messungenauigkeit der Prüfung um diesen Wert (z.B. zwischen 50 und 64 Punkte). Im Bereich der Bestehensgrenze ist die Messgenauigkeit aber besonders wichtig. Läge die Bestehensgrenze in unserem Beispiel bei 60 Punkten, wäre der Kandidat mit 57 Punkten zwar pro forma durchgefallen, allerdings könnte er aufgrund der Schwankungsbreite um seine gemessene Leistung in Wahrheit auch knapp bestanden haben. Überträgt man diese Erkenntnisse auf alle KandidatInnen einer Prüfung, kann man die Anzahl der Grenzfallkandidaten bestimmen, also all jene Kandidatinnen, die mit Ihrem Prüfungsergebnis so nahe an der Bestehensgrenze liegen, dass ihr jeweiliges Prüfungsresultate falsch positiv oder falsch negativ sein kann.
Ergebnisse:
Die Anzahl der GrenzfallkandidatInnen in einer Prüfung ist, nicht nur von der Reliabilität abhängig, sondern auch von der Leistung der KandidatInnen, der Varianz, dem Abstand der Bestehensgrenze zum Mittelwert und der Schiefe der Verteilung.
Es wird anhand von Modelldaten und konkreten Prüfungsdaten der Zusammenhang zwischen der Reliabilität und der Anzahl der Grenzfallkandidaten auch für den Nichtstatistiker verständlich dargestellt. Es wird gezeigt, warum selbst eine Reliabilität von 0.8 in besonderen Situationen keine befriedigende Präzision der Messung bieten wird, während in manchen OSCEs die Reliabilität fast ignoriert werden kann.
Schlussfolgerungen:
Die Berechnung oder Schätzung der Grenzfallkandidaten anstatt der Reliabilität verbessert auf anschauliche Weise das Verständnis für die Präzision einer Prüfung. Wenn es darum geht, wie viele Stationen ein summativer OSCE benötigt oder wie lange eine MC-Prüfung dauern soll, sind Grenzfallkandidaten ein valideres Entscheidungskriterium als die Reliabilität.
Brennan, R.L. (2003) Generalizability Theory. New York, Springer
Downing, S.M. (2004) ‘Reliability: on the reproducibility of assessment data’, Medical Education 2004, 38, 1006–12
Harvill, L.M. (1991) ‘Standard Error of Measurement’, Educational Measurement: Issues and Practice, 33-41
McManus, I.C. (2012) ‘The misinterpretation of the standard error of measurement in medical education: A primer on the problems, pitfalls and peculiarities of the three different standard errors of measurement’ Medical teacher, 34, 569 - 76
Item Type: |
Conference or Workshop Item (Abstract) |
---|---|
Division/Institute: |
04 Faculty of Medicine > Medical Education > Institute for Medical Education > Curriculum Coordination & Students' Office (STPL) 04 Faculty of Medicine > Medical Education > Institute for Medical Education |
UniBE Contributor: |
Schmidts, Michael, Stricker, Daniel |
Subjects: |
600 Technology > 610 Medicine & health 300 Social sciences, sociology & anthropology > 370 Education |
Publisher: |
GMS German Medical Science |
Language: |
German |
Submitter: |
Michael Schmidts |
Date Deposited: |
12 Jun 2014 13:08 |
Last Modified: |
05 Dec 2022 14:30 |
Publisher DOI: |
10.3205/13gma248 |
BORIS DOI: |
10.7892/boris.45226 |
URI: |
https://boris.unibe.ch/id/eprint/45226 |