Medikamentenprüfungen an der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel 1953-1980

Germann, Urs Philipp (9 March 1997). Medikamentenprüfungen an der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel 1953-1980.

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Die Pilotstudie untersucht, unter welchen Bedingungen zwischen 1953 und 1980 an der
PUK Basel nicht zugelassene Psychopharmaka an Patientinnen und Patienten geprüft wurden. Ausgewertet worden sind ein Sample von rund 330 Krankenakten der PUK Basel und des Kin-der- und Jugendpsychiatrischen Diensts sowie eine Auswahl wissenschaftlicher Publikationen. Die Studie liefert erste Ergebnisse. Es wird vorgeschlagen, die Problematik im Rahmen eines grösseren Aufarbeitungsprojekts und mehrerer universitärer Forschungsprojekte weiterzuverfolgen.
Im stationären Erwachsenenbereich der PUK Basel wurden ab den 1950er-Jahren regelmässig nicht zugelassene Wirkstoffe geprüft, wobei sich der Charakter der klinischen Forschung im Lauf der Zeit stark wandelte. Ebenfalls dürfte es zu einer engen Kooperation mit der pharmazeutischen Industrie gekommen sein, die jedoch mangels Quellenzugangs nicht im Detail beleuchtet worden sind. Gemäss den ausgewerteten Quellen wurden im Untersuchungszeitraum im Minimum 60 Wirkstoffe geprüft. Davon trugen 33 nachweislich keinen Handelsnamen. Bei den geprüften Präparaten handelte es sich sowohl um Wirkstoffe, die später auf den Markt gelangten, als auch um Stoffe, die – etwa aufgrund der aufgetretenen Nebenwirkungen – nie zur Zulassung kamen. Wie eine Stichprobe für die Zeit ab 1966 zeigt, waren damals knapp 10 Prozent der Patientinnen und Patienten mit der Diagnose Schizophrenie oder einer affektiven Störung in Medikamentenprüfungen involviert. Insgesamt dürften deutlich mehr als 1000 Personen betroffen gewesen sein. Die Abklärungen haben bis jetzt keine Hinweise auf Medikamentenprüfungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ergeben. Ebenfalls haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass bestimmte, besonders vulnerable Patientengruppen systematisch oder überdurchschnittlich häufig von Medikamentenprüfungen betroffen gewesen wären. Frauen waren allerdings generell stärker betroffen als Männer. Ebenfalls in klinische Studien involviert waren Personen, die zwangsweise in die Klinik eingewiesen worden waren.
Aufgrund der überlieferten Quellen ist es meist nicht möglich nachzuvollziehen, ob die betroffenen Patientinnen und Patienten wussten, dass sie nicht zugelassene Präparate verabreicht er-hielten. Erst für die Zeit nach 1970 gibt es Hinweise darauf, dass die Ärzte der PUK Basel die Aufklärung der Patientinnen und Patienten bei klinischen Studien systematisch protokollierten. Auch nach diesem Zeitpunkt wurden jedoch die Vorgaben zur Dokumentation von klinischen Versuchen nicht vollständig eingehalten. Aus den Dokumentationslücken kann allerdings nicht automatisch geschlossen werden, dass die betreffenden Patientinnen und Patienten in jedem Fall ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen Präparate ohne Handelsnamen verabreicht bekamen. Vielmehr gab es auf Patientenseite ein breites Spektrum von Wissen und Nichtwissen, von Zwangserfahrung, Widerstand und Kooperationsbereitschaft. Dennoch muss man davon ausgehen, dass es zahlreiche Patientinnen und Patienten gab, die vor allem in den 1950er- und 60er-Jahren ohne ihr Wissen an der damaligen PUK Basel mit nicht zugelassenen Medikamenten behandelt wurden.

Item Type:

Other

Division/Institute:

04 Faculty of Medicine > Pre-clinic Human Medicine > Institute for the History of Medicine

UniBE Contributor:

Germann, Urs Philipp

Subjects:

600 Technology > 610 Medicine & health

Language:

German

Submitter:

Barbara Franziska Järmann-Bangerter

Date Deposited:

13 Jun 2018 13:20

Last Modified:

05 Dec 2022 15:09

BORIS DOI:

10.7892/boris.108807

URI:

https://boris.unibe.ch/id/eprint/108807

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