Wyler, Helen (2022). Befragungsmethoden zur Vernehmung von kooperativen erwachsenen Zeug*innen aus psychologischer Perspektive: Möglichkeiten und Fallstricke. In: Deckers, Rüdiger; Köhnken, Günter (eds.) Die Erhebung und Bewertung von Zeugenaussagen im Strafprozess 5 (pp. 79-106). Berliner Wissenschafts-Verlag
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Vernehmungsergebnisse, und dazu gehören selbstverständlich auch Zeugenaussagen, sind im strafrechtlichen Kontext von großer Bedeutung. Polizist*innen verwenden denn auch einen beträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit – gemäß einer Studie etwa 70-80% – auf die Befragung von Zeug*innen, Opfern und Tatverdächtigen (Herren, 1976, zit. in Köhnken et al., 2008). Während sich bei der Vernehmung von Tatverdächtigen in verschiedenen Ländern viel getan hat und durch Trainings Verbesserungen in der Qualität der Vernehmungen erzielt werden konnten, legen Studienbefunde aus dem Vereinigten Königreich nahe, dass die Qualität der Vernehmung von Zeug*innen hinterherhinkt (vgl. Griffiths & Milne, 2010). So werden etwa Fragen zu möglichen Täter*innen in einer Art und Weise gestellt, dass das notwendige Formular möglichst einfach ausgefüllt werden kann, anstatt in einer den Erinnerungsprozess bestmöglich unterstützenden Form (Milne & Bull, 1999). Ferner scheinen Zeug*innen häufig unterbrochen zu werden, es werden negativ formulierte, irreführende und suggestive Fragen gestellt und es ist kein oder nur ein unzureichender Beziehungsaufbau zu beobachten (z.B. Clarke & Milne, 2001; Milne & Bull, 1999; zum Ganzen, siehe Griffiths & Milne, 2010). Die negativen Auswirkungen einer ungünstigen Gestaltung der Befragung, wie z.B. durch den Einsatz von Suggestivfragen (für eine Übersicht, siehe z.B. Loftus, 2005) oder einen fehlenden Beziehungsaufbau (z.B. Vallano & Schreiber Compo, 2011; für ein Review, siehe Vallano & Schreiber Compo, 2015), auf die Aussagequalität sind gut dokumentiert. Auch Launay und Py (2015) kommen in ihrer Literaturübersichtsarbeit zur Praxis von Zeugenvernehmungen zum Schluss, dass die Befragungstechniken, die durch geschulte und ungeschulte Ermittler*innen verwendet werden, überwiegend unangemessen und für den Erinnerungsabruf schädlich sind (S. 55, Übersetzung aus dem Englischen durch die Autorin).
Item Type: |
Book Section (Book Chapter) |
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Division/Institute: |
04 Faculty of Medicine > Service Sector > Institute of Legal Medicine 04 Faculty of Medicine > Service Sector > Institute of Legal Medicine > Forensic Psychiatric Services |
UniBE Contributor: |
Wyler, Helen |
Subjects: |
600 Technology > 610 Medicine & health |
ISBN: |
978-3-8305-5504-9 |
Publisher: |
Berliner Wissenschafts-Verlag |
Language: |
German |
Submitter: |
Stefanie Hachen |
Date Deposited: |
11 Nov 2022 10:21 |
Last Modified: |
05 Dec 2022 16:27 |
BORIS DOI: |
10.48350/174670 |
URI: |
https://boris.unibe.ch/id/eprint/174670 |