Schulentfremdung und Mitarbeit im Unterricht

Hascher, Tina; Morinaj, Julia; Marcin, Kaja (17 February 2018). Schulentfremdung und Mitarbeit im Unterricht (Unpublished). In: 6. GEBF-Tagung 2018 (Gesellschaft für empirische Bildungsforschung) - "Professionelles Handeln als Herausforderung für die Bildungsforschung". Basel. 15.02-17.02.2018.

Theoretischer Hintergrund: Das Phänomen der Schulentfremdung rückt zunehmen in den Blickpunkt der Bildungsforschung, da Schulentfremdung den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler beeinträchtigt. Kinder und Jugendliche können sich von ihren Mitschüler/-innen, den Lehrpersonen sowie dem schulischen Lernprozess entfremden (Hascher & Hadjar, 2017). Schulentfremdung wird von einer Vielzahl negativer Faktoren begleitet, wie beispielsweise einer Depression, emotionalem Rückzug oder deviantem Verhalten (Brown, Higgins & Paulsen, 2003, Hascher & Hagenauer, 2010, Tarquin & Cook-Cottone 2008). Bisherige Forschung weist zudem darauf hin, dass Schulentfremdung die Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler im Unterricht reduziert (e.g., Altenbauch, Engel, & Martin, 1995; Barber et al., 2005; Carlson, 1995; Hascher & Hagenauer, 2010). Die aktive Teilnahme am Unterricht ist jedoch eine notwendige, minimale Voraussetzung für erfolgreiches Lernen (Finn, 1989) und spielt eine wichtige Rolle beim Erreichen der Bildungsziele (Barber, Stone, & Eccles, 2005). Umgekehrt fördert eine aktive Teilnahme am Unterricht das Gefühl der Zugehörigkeit zur Schule und den schulischen Akteuren sowie die Wertschätzung von schulischem Lernen. Gelingt es Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler aktiv im Unterricht zu involvieren, kann dies folglich der Schulentfremdung entgegenwirken. Forschungen zu schulischer Mitarbeit und Schulentfremdung beschränkten sich bisher auf Querschnittsuntersuchungen, welche die Richtung des Zusammenhangs zwischen den beiden Konstrukten offenlassen. Da auch eine reziproke Beziehung zwischen Schulentfremdung und der Mitarbeit im Unterricht denkbar ist, wurden in der vorliegenden Längsschnittstudie mehrere Kausalzusammenhänge untersucht: Dies bedeutet, es wurden alle möglichen Wirkrichtungen zwischen Entfremdung von Mitschüler/-innen, von Lehrpersonen bzw. vom schulischen Lernen und der aktiven Mitarbeit im Unterricht analysiert. Forschungsfrage: Hauptziel dieser explorativen Studie war es, die Richtung des Zusammenhangs zwischen Schulentfremdung und Schülerbeteiligung an den Unterrichtsaktivitäten über zwei Messzeitpunkte hinweg mithilfe von cross-lagged Panel-Analysen zu untersuchen. Es wurden die Korrelationen zu jedem einzelnen Messzeitpunkt sowie die cross-lagged Effekte zwischen Schulentfremdung und Mitarbeit im Unterricht über die zwei Messzeitpunkte hinweg berechnet. Somit wird getestet, wie sich Entfremdung von Mitschüler/-innen, Lehrpersonen und dem schulischen Lernen auf die Mitarbeit im Unterricht auswirkt, und zugleich erforscht, welchen Einfluss die Mitarbeit im Unterricht auf die Entwicklung von Schulentfremdung in den drei o.g. Bereichen ausübt. Aufgrund des mangelnden Befundlage werden diesbezüglich keine Hypothesen spezifiziert. Methode: Die Daten basieren auf den ersten zwei Erhebungswelle (2016 und 2017) des binationalen Forschungsprojekts „School Alienation in Switzerland and Luxembourg” (SASAL, 2015-2018). Die Stichprobe umfasste zum ersten Erhebungszeitpunkt 550 Lernende der 7. Klassenstufe (45.2% männlich; Malter= 13.0 Jahre [SD = .55]), zum Erhebungzeitpunkt 540 Lernende der 8. Klassenstufe (45.6% männlich; Malter= 14.0 Jahre [SD = .57]). Die für die Analysen eingesetzten Daten basieren auf den Antworten von 508 Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe des Kantons Bern, welche an beiden Erhebungswellen teilnahmen. Schulentfremdung wurde mithilfe des „School Alienation Scales“ (SALS; Morinaj et al., 2017) erfasst, welcher die Entfremdung in den drei Bereichen „Mitschüler/-innen“, „Lehrpersonen“ und „schulisches Lernen“ erfasst. Die Mitarbeit im Unterricht wurde mit Hilfe von 5 Items erfasst (Eder, 1995). Ergebnisse: Erste Analysen weisen auf signifikante Effekte zwischen Entfremdung von Lehrpersonen und Entfremdung vom schulischen Lernen in der 7. Klassenstufe auf die Mitarbeit im Unterricht in der 8. Klassenstufe hin (p < .05, bzw. p < .05). Die Ergebnisse implizieren einen Kausalzusammenhang zwischen Entfremdung von Lehrpersonen bzw. dem schulischen Lernen und der Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler im Unterricht. Bezüglich der Entfremdung von Mitschüler/-innen konnte kein signifikanter Effekt auf die Unterrichtsmitarbeit festgestellt werden. Auch umgekehrte oder wechselseitige Wirkrichtungen liessen sich nicht nachweisen.

Item Type:

Conference or Workshop Item (Speech)

Division/Institute:

07 Faculty of Human Sciences > Institute of Education > School and Teaching Research

UniBE Contributor:

Hascher, Tina, Mori, Julia, Marcin, Kaja

Subjects:

300 Social sciences, sociology & anthropology > 370 Education

Language:

German

Submitter:

Michèle Karin Affentranger

Date Deposited:

28 May 2019 09:21

Last Modified:

21 Aug 2024 09:47

URI:

https://boris.unibe.ch/id/eprint/128693

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